Ein internationaler Heimatfilm über Sex, Drugs, Rock ' n Roll und keine Rente.

Der Schlagzeuger ohne Lederhose

Okay. Jimmy Carl Black lapidar als Trommler zu bezeichnen, ist eine bitterböse Beleidigung. Aber sogar dem Trommler der Musikkapelle Vogling-Siegsdorf, Franz Biermaier, räumen die beiden Regisseurinnen Sigrun Köhler und Wiltrud Baier einen Platz in „Where’s the beer and when do we get paid?“ ein, ihrem so wunderbar authentischen „internationalen Heimatfilm“, wie sie ihn bezeichnen. Vor Kinostart am 29. August wurde der Dokumentarfilm im Rahmen der Musikfilmtage Oberaudorf gezeigt. Wie das alles zusammenpasst – der bayerische Trommler und das Schlagzeugidol vergangener, wilder Rock-‘n‘-Roll-Zeiten? In diesem Film vermischt sich alles zu einem wunderbaren Mix aus Hippiezeiten, Indianertum und bayerischer Blasmusik.
Doch zum Anfang: Dieser alte, schrullige Kauz soll Jimmy Carl Black, der legendäre Schlagzeuger von Frank Zappas „Mothers of Invention“, sein? Das mag sich wohl ein Freund der Regisseurinnen gedacht haben, der den legendären Schlagzeuger in einem vegetarischen Imbiss in Stuttgart zufällig erkannt hat. Köhler und Baier gingen dem Gerücht nach, Black lebe in Südbayern und machten ihn in Höpfling, einem Ortsteil von Siegsdorf, ausfindig. Dorthin hatte es den „Indian of the group“, wie er als Schlagzeuger bei „The Mothers of Invention“ genannt wurde, nach seiner Hochzeit mit Moni, einem glühenden Frank-Zappa-Fan, verschlagen. Sechs Jahre lang „verfolgten“ die Filmemacherinnen Jimmy Carl Black sozusagen auf Schritt und Tritt im In- und Ausland. Diese letzten Lebensjahre des Schlagzeugers erzählen eindrucksvoll und mitunter höchst amüsant von der Vergänglichkeit des Ruhms, der „Minder-wertigkeit“ des Reichtums und dem Altern als Rockstar. Und über allem jodelt Bayern. Gerne hätte Jimmy Carl Black eine Lederhose getragen, doch dieses Recht stünde nur echten Bayern zu, bedauert er. Und auch die Ur-Bayern erinnern sich beim blasmusikalischen Frühschoppen im heimischen Siegsdorf an Frank Zappa. Man sei halt mal jung gewesen, lächelt ein gstandener Trachtler in der Ledern, behütet von einem mächtigen Gamsbart, schüchtern in die Kamera.
Die Jugend mit ihren Eskapaden ist längst vorbei. Nichts ist geblieben. Es war wohl auch nichts zu erwarten in den Zeiten des Ruhms, denn das Geld kam schneller abhanden, als Jimmy Carl Black an seinen Trommeln je wirbeln konnte. Der bellende Husten lässt Böses ahnen. Und es kommt wie vermutet: 2008 stirbt der Schlagzeuger an Lungenkrebs. Auf seiner letzten US-Tournee – bis zuletzt musste Black aufgrund Geldmangels in verschiedenen Bands als Schlagzeuger arbeiten – besucht er seine Heimatstadt El Paso. „The Indian of the group“ blickt über die endlose Wüste, keinesfalls trauernd. Es sei ein verdammt gutes Leben gewesen. Ein Satz, der nach Filmende noch lange nachklingt. Materieller Besitz ist das eine, doch das Leben in vollen Zügen leben zu können, das ist wohl nur wenigen vergönnt. Schon bei Johann Wolfgang von Goethe heißt es: „Alles geben die Götter, die unendlichen, ihren Lieblingen ganz. Alle Freuden, die unendlichen, alle Schmerzen, die unendlichen, ganz.“
Kinostart von „Where’s the beer an when do we get paid“ ist am 29. August. Der Film wurde produziert von „Böller und Brot“ in Koproduktion mit „Indifilm“ sowie ZDFkultur/3SAT.