Ein internationaler Heimatfilm über Sex, Drugs, Rock ' n Roll und keine Rente.

Der Film

Jimmy's sticks

„Does Humour belong in Documentary Film?“

Diese Frage beantworteten die Regisseurinnen Sigrun Köhler und Wiltrud Baier
bereits 2002 mit ihrem ersten Kinodokumentarfilm über die kleinste Bank Deutschlands, „Schotter wie Heu“.
Nun präsentieren sie ihren ersten tragik-komischen Musikerfilm:

Where’s the Beer
and when do we get paid?

Jimmy Carl Black, der legendäre Schlagzeuger von Frank Zappas
„Mothers of Invention“, lebt in einem kleinen bayrischen Dorf.
„The Indian of the Group“ kann kaum Deutsch und wird
in schönstem Bayrisch mit „Servus, Mr. Black!“ begrüßt.
Vom Höpflinger Bahnhof aus tourt der 70-Jährige im besten Rentenalter
als Schlagzeuger und Sänger durch Europa und muss seit vierzig Jahren
immer wieder die gleichen alten Zappa-Platten signieren.
„Don’t ask me, what the sound is. You have to hear it!“
Als er mit siebzehn Jahren bei einem Elvis-Konzert
die Mädchen reihenweise in Ohnmacht fallen sah,
wußte er, daß er Musiker werden wollte.
Reich ist er dabei nicht geworden.
„To tell you the truth, I don’t like to play the drums that much anymore.
It’s too hard a work, man. But I need the money.”
Die letzten 2 Jahre seines Lebens bis zu seinem Tod im Jahr 2008
haben die Filmemacherinnen Jimmy Carl Black im bayrischen Höpfling
und bei seinen Auftritten mit der Kamera begleitet.
Black, der seine Krebserkrankung mit polterndem Humor überspielt,
begibt sich auf eine große Amerikatournee, die ihn noch einmal
in seine Heimatstadt El Paso führt.
Ein Internationaler Heimatfilm über Sex, Drugs, Rock’n’Roll
und keine Rente.

Cast & Crew

Mit Jimmy Carl Black „THE INDIAN OF THE GROUP“, Don Preston, Bunk Gardener und Roy Estrada from „THE MOTHERS OF INVENTION“, Eugene Chadbourne „DR. CHAD“, Arthur Brown „THE GOD OF HELLFIRE“, The Muffinmen, The Hurricanes, Moni Black, Blaskapelle Vogling Siegsdorf, u.v.m…

Buch, Regie, Kamera, Ton & Schnitt:
Sigrun Köhler und Wiltrud Baier/ Böller und Brot,
Ton-Mischung: Ansgar Frerich, Farbkorrektur: Stefan Engelkamp,
Postproduktion: Selina Titz, Martin Kuhnert,
Redaktion: Bettina Kasten.
Eine Poduktion von Böller und Brot in Zusammenarbeit mit Indi Film
in Coproduktion mit ZDF/3Sat
gefördert von der MFG Filmförderung Baden-Württemberg.

Details

Dokumentarfilm
Produktionsland: Deutschland
Produktionsjahr: 2012
Länge: 86 Min.
Ratio: 1:1,85
B/s: 24
Format: HD, DCP
Ton: Dolby 5.1 – engl./bayer. OF m. dt. UT

Jimmy Carl Black

Jimmy Carl Black wird 1938 in El Paso, Texas, geboren.
Er beginnt seine musikalische Karriere in der Schule als Trompeter der “El Paso Highschool Band”.

Mit 17 wird der Besuch eines Konzertes von Elvis Presley im El Paso Colliseum für ihn wegweisend: „When I saw the effect he had on those women, I said: Man, that’s what I want to do!”

Er heiratet ein Mädchen aus seiner Highschool, geht zur Armee (nach Kansas) und träumt, davon Musiker zu werden. Da die Trompete nicht das optimale Instrument für den Rock’n’Roll ist, kauft er sich ein Schlagzeug und zieht nach Los Angeles. Dort gründet er eine Band, die „Soul Giants“, und tingelt mit Cover-Versionen gängiger Hits durch die Kneipen, bis die Band 1964 einen neuen Gitarristen namens Frank Zappa engagiert. Der spricht:
„Wenn ihr meine Songs spielt, mache ich euch reich und berühmt.“

Dagegen hat Jimmy Carl Black nichts einzuwenden. Frank Zappa wird Bandleader,
zieht einen Plattenvertrag an Land und nennt die Gruppe „Mothers“, was auf Wunsch der Plattenfirma in „Mothers of Invention“ geändert wird, denn „Mother“ ist eine gebräuchliche Abkürzung für „Motherfucker“.

„Freak out!“, 1966, die erste LP der „Mütter der Erfindung“, wird unter Hungersnöten aufgenommen und ist zwar in kommerzieller Hinsicht noch kein Erfolg, sichert der Band aber den Ruf als “Rock-Avantgarde”.
Da die „Mothers“ nicht besonders hübsch sind und auch keine modischen Beatles-Frisuren haben, bastelt Zappa der Band das Image, ein Haufen häßlicher, langhaariger Freaks mit einer ziemlich abgefahrenen Bühnenshow zu sein.

1966 gehen die „Mothers“ das erste Mal auf Tournee durch die USA und Europa. Es folgt ein spektakuläres Engagement in New York, Arbeit an den nächsten 4 Alben, weitere große Tourneen, erste Auszeichnungen.

Laut dem Rolling Stone Magazin 1969 ist Jimmy Carl Black einer der besten Schlagzeuger der Welt. Als im selben Jahr auch die Sache mit dem Reichtum so langsam anfängt, löst Zappa die Band nach fünf gemeinsamen Jahren telefonisch auf.

“We all just got a phone call from him stating that he had decided to break up the band and our salary has ended as of last week.”

Während Frank Zappa eine grandiose Solokarriere vorantreibt, gründet Jimmy Carl Black verschiedene Bands, aber ohne finanziellen Erfolg.
Er hat bald große Mühe, seine Familie mit mittlerweile 5 Kindern zu ernähren.

Mit langen Haaren kehrt er in seine texanische Heimet zurück und arbeitet in einer Donutsfabrik, bis er das Leben im kleinbürgerlichen Vorort von El Paso nicht mehr aushält und Frau und Kinder verläßt.

Mit Arthur Brown, dem „God of Hellfire“, betreibt Jimmy in Austin, Texas 10 Jahre lang ein Maler-Unternehmen. Viele der Kunden lassen sich nach der Malerarbeit die Häuser von den beiden berühmten Musikern signieren. Nebenbei machen sie gemeinsam Musik, aber auch die Platte verkauft sich nicht.
„No problem, let’s paint another house..“

Jimmy Carl Black hört nie auf, Musik zu machen oder Bands auf die Beine zu stellen, seien das “Geronimo Black” in den 70er Jahren oder die “Grandmothers” in den 80ern mit seinen alten “Mothers”-Kollegen.
Heute ist er als lebende Legende mit Zappa-Cover-Bands, wie den Muffinmen aus Liverpool, unterwegs, oder er begleitet mit seinem „Steady Beat“ den Experimentalmusiker und Banjo-Virtuosen Eugene Chadbourne.

Jimmy Carl Black lernt 1997 bei einem Konzert in Traunstein die 20 Jahre jüngere, Moni kennen, ein glühender Zappa-Fan. „She was standing right in front of me looking at me the whole time.. What for is this good looking girl looking at me like that?“ Einige Monate später heiraten die beiden und Jimmy Carl Black zieht zu ihr in eine mit Zappa-Postern dekorierte Wohnung nach Höpfling, Bayern.
Auf die Frage, ob er denn nicht eifersüchtig sei auf Zappa, lacht er:
„Well, man, he is dead, and I’m alive!

Am 1. November 2008 stirbt Jimmy Carl Black in Höpfling.

Böller & Brot über den Film

Ein Freund, ein großer Zappa-Fan, sah eines Tages in einem kleinen vegetarischen Imbiss in Stuttgart einen Typen, der große Ähnlichkeit mit dem legendären Schlagzeuger der „Mothers of Invention“ hatte. Unser Freund ging also zu ihm hin und machte einen Scherz: «Are you the Indian of the group?» Der Typ antwortete:

Yes, my name is Jimmy Carl Black, and I’m the Indian of the Group

Sprach’s und verließ das Lokal. Unser Freund war völlig von den Socken: Der Schlagzeuger von Frank Zappa in Stuttgart! Er dachte betrübt an seine vielen unsignierten Mothers-Platten und wie er nun die Gelegenheit verpasst hatte, eine Unterschrift von Herrn Black zu ergattern.

Er erzählte uns davon, und dass es das Gerücht gäbe, «The Indian of the Group» lebe irgendwo in Süddeutschland. Wir schrieben Jimmy Carl Black ins große weite Netz. Vier Tage später kam die Antwort:

Wiltrud, How are you? I am fine. I would love to talk to you guys about a
project. I live in southern Germany but I am now in Beyern. I live about 15
km from the Chiemsee near Traunstein. My telephone number is: 08662-XXX-XXX.
Let´s get together and talk about doing something, OK. Thanks for the
interest. JCB.

Wir nahmen unsere kleine Kamera und unseren Freund und seine Zappa-Platten-Sammlung mit und fuhren nach Bayern. In Siegsdorf schaufelte man gerade zwei Meter Schnee von den Dächern und es war ernüchternd, die Musiklegende in einer bescheidenen 3-Zimmer-Wohnung anzutreffen.

Bayern mit seinen Lederhosen, Blasmusik und Tradition schien nicht unbedingt der passende Ort für einen Zappa-Musiker, Ex-Hippie und Indianer aus El Paso. Herr Black hat nie gelernt Deutsch zu sprechen, noch weniger Bayrisch.

Aber er signierte freundlich den Platten-Stapel unseres Freundes und auf die Frage, ob er des Signierens nie müde werde, meinte er: «Yes, I do. But it doesn’t do me any good.» Seine deutsche Frau lasse ihn auch alles signieren, was nicht niet- und nagelfest ist.

Und schon waren wir mittendrin in einem neuen Filmprojekt, das uns 6 Jahre lang begleiten sollte …

Jimmy Carl Black wollte gerne einen Film haben, der ihn – «famous» war er ja schon – auch noch «rich» machen sollte, aber gefilmt werden wollte er nicht so sehr. «Always shooting that camera! That’s your job! It’s a lousy job, but somebody’s got to do it!». Als Musiker war er gewohnt, Interviews zu geben, und auf der Bühne oder wenn’s hoch kommt noch Backstage gefilmt zu waren, aber alles andere: Wozu sollte das gut sein?

In den zwei Jahren im Wechselbad der Finanzierungs-Zu-, Ab- und Zusagen, filmten wir, wann immer es uns möglich war oder wir es für unbedingt nötig hielten. Jimmy dauerte das alles zu lange, als habe er ein Vorahnung, erinnerte er uns oft daran: «Get me while you can! I may not be around for too long!»

Sein körperlicher Zustand verschlechterte sich, die letzte große US-Tournee mit Eugene Chadbourne war für ihn schon sehr beschwerlich. Und doch, genau das war sein Leben, herumreisen, alte Zappa-Platten signieren, in Hotelzimmern fernsehen, und den Rythmus halten wie ein Uhrwerk.

«Sweet, sweet, steady beat.»

Wir haben uns gefragt, wie das ist, mit dem Ruhm und Reichtum, und mit der Arbeit im Alter. Und was blüht uns, wenn wir einmal 70 sind. Werden wir immer noch Filme machen können/wollen? Werden wir, wie Jimmy, trommeln bis zum Schluss?

Kontakt

Böller und Brot GbR
Sigrun Köhler und Wiltrud Baier
Gerokstraße 37
D-70184 Stuttgart

Tel.: +49 (0) 711 6403590
Fax: +49 (0) 711 6403580